Wachkoma oder appalisches Syndrom


Wachkoma oder appalisches Syndrom
Hierbei handelt es sich um eine schwere Hirnschädigung, bei der die Funktion des Großhirns erloschen ist. Daher wird sie auch als apallisches Syndrom („ohne Hirnrinde“) bezeichnet. Das Leben wird durch die Funktionen des Hirnstamms aufrechterhalten. Als Folge werden die Betroffenen zwar wach, erlangen aber mangels kognitiver Funktionen nicht das Bewusstein und können in keinerlei Kontakt mit der Umwelt treten (weder aktiv noch passiv).

Ursache für das apallische Syndrom ist immer eine massive Schädigung des Gehirns, beispielsweise nach einem Schädel-Hirn-Trauma, einem Schlaganfall, einer entzündlichen Gehirnerkrankung (Meningitis, Enzephalitis) oder einer schweren Sauerstoffmangelschädigung nach Reanimation.

Im Gegensatz zum Koma liegen die Patienten scheinbar wach im Bett, sind aber häufig nicht durch äußere Reize erreichbar. Der Blick geht starr und unfixiert ins Leere; es gelingt nicht, einen Blickkontakt aufzubauen. Das Syndrom geht mit unterschiedlichen neurologischen Ausfällen einher.
Man nimmt an, dass es zu einer weitgehenden Entkopplung der Großhirnrinde vom restlichen Gehirn, insbesondere vom Hirnstamm, kommt. Die vom Hirnstamm gesteuerten Funktionen des vegetativen Nervensystems (Atmung, Herzkreislaufregulation und Schlafwachrhythmus) sowie Kau-, Schluck- und ungezielte Schmerzreflexe bleiben ganz oder teilweise erhalten. Dagegen sind aufgrund der schweren Schädigung der Großhirnrinde oft keine zielgerichteten Muskelbewegungen erkennbar. Auch die differenzierte Empfindungsfähigkeit (Sensorik) und die Weiterverarbeitung von Sinnesreizen (kognitive Fähigkeiten) sind ausgefallen oder schwer gestört.
Kann der Betroffene aufgrund einer Schluckstörung oder einer Apraxie nicht essen und trinken, wird er künstlich ernährt, wenn man sich entschlossen hat, ihn weiter zu behandeln. Künstliche Beatmung (Intubation) ist, zumindest in der Frühphase der Erkrankung, meist erforderlich, wenn das Atemzentrum des Hirns ebenfalls geschädigt ist.
Im Zuge der Rehabilitation soll dem Patienten ermöglicht werden, die verloren gegangenen Fähigkeiten wieder zu erlernen. Wegen der Schwere und der Komplexität des Syndroms stellt sich dies recht langwierig dar. Da über weite Zeiträume häufig „nur“ kleine Erfolge sichtbar werden, besteht für Pflegende die Gefahr der Resignation. Besonders bei Kindern sind hier gute Erfolge möglich, da ihr Gehirn am ehesten in der Lage ist, sich neu zu organisieren.
Wichtiger Bestandteil der Behandlung ist die so genannte perkutane endoskopische Gastrostomie, kurz PEG, die der Ernährung des Patienten dient. Der Abbruch der Ernährungs- und Flüssigkeitszufuhr bei Wachkomapatienten ist eine schwierige ethische Entscheidung. Sie kann nur im Konsens der Angehörigen, der Pflegenden und Ärzte und vor allem unter Berücksichtigung des vermeintlichen oder schriftlich festgelegten Willens des Patienten getroffen werden. Durch eine eingehende neurologische, gegebenenfalls auch mehrfach durchgeführte Untersuchung muss vor einer solchen Entscheidung eine Besserungstendenz ausgeschlossen werden.
Außerdem erhalten Menschen im Zustand des apallischen Syndroms einen Blasenkatheter zur langfristigen Ableitung des Urins. Zusätzlich benötigen viele eine Trachealkanüle zur Freihaltung der Atemwege. Je früher die Behandlung des ursächlichen Leidens beginnt, desto besser sind die Erfolgsaussichten.
Therapeutische Unterstützung geschieht durch Logopäden (Sprachheiltherapeuten), Krankengymnasten, Ergotherapeuten (Beschäftigungstherapie für unfallverletzte oder behinderte Menschen), Neuropsychologen (erforscht und behandelt die psychischen Folgen von Hirnschäden und Hirnbelastungen) und Musiktherapeuten.
Der Musiktherapie kommt hierbei ein hoher Stellenwert zu, da das Gehör der Sinn ist, der am Längsten funktionsfähig bleibt.
Wichtig sind die Arbeit im Team, sowie die Mithilfe der Angehörigen. Alle Angebote sollten als "Begleitung im Leben des Betroffenen" verstanden werden.
Wichtig ist auch die emotional-basale Art der Ansprache. Die basale Stimulation stellt einen Teil der Therapie dar. Sie kann in allen Alltagsbegebenheiten, beispielsweise das tägliche Waschen, miteinbezogen werden. Es handelt sich ber der basalen Stimulation um ein grundlegendes, für den Patienten bedeutsames Sinnesangebot. Der Ausführende fordert dabei nichts und setzt nichts voraus. Stattdessen beobachtet er den Patienten und geht auf dessen Regungen wie Lösen oder Verstärken der Spastik, Änderungen der Atmung, ein. Die Angebote sollen am Erleben, der Biografie und dem "Lernpotential" des Menschen orientiert werden. Sie bieten ein Strukturierung innerhalb seiner Lebenswelt. Außerdem sollen die einfachen, elementaren Sinnesangebote helfen, die eigene körperliche und psychische Identität wahrzunehmen und zu aktualisieren. Sie helfen, Umwelt zu erlebn und zu verändern, Sinneszusammenhänge zu begreifen, einen eigenen Rhythmus zu entwickeln sowie das eigene Leben zu gestalten und zu bestimmen.
Die Gesamtprognose ist schwer zu bestimmen, generell gilt, je länger das "apallische Syndrom" anhält, desto schlechter ist die Aussicht auf Besserung. Befinden sich Patienten länger als drei Monate im Wachkoma, erlangen nur noch ca. 10% von ihnen das volle Bewusstsein wieder. Aber es gibt auch Berichte über Patienten, die nach mehreren Jahren wieder aufwachen. Viele von ihnen bleiben ein Leben lang auf fremde Hilfe angewiesen.

Trotzdem kann die Wahrscheinlichkeit, ob ein Mensch aus dem "Wachkoma" erwacht oder nicht, verbessert werden, indem die Person angeregt und in soziale Beziehungen integriert wird. Vielfältige Anregungen, verlässliche Beziehungen und vertraute Umgebung sind wichtige Voraussetzungen zum Aufwachen.

Die Angehörigen spielen bei der Behandlung des Wachkomas eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch wenn die Patienten teilnahmslos erscheinen, so haben sie doch die Fähigkeit der inneren Wahrnehmung, des Empfindens und Erlebens.
Deshalb ist eine Kontaktaufnahme, beispielsweise durch Vorlesen oder musikalische Unterhaltung durch die Bezugsperson sehr wichtig.

Meist sind es auch die Angehörigen, die kleine Anzeichen der Besserung des Zustandes erkennen, denn sie sind aufmerksame Beobachter und registrieren kleinste Veränderungen des Patienten.

Für die Langzeitpflege stehen spezialisierte Pflegeeinrichtungen zur Verfügung (zur Adressenliste).
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